Wie wird eine rechtliche Betreuung eingerichtet? – Ablauf und Verfahren

Viele Betroffene und Angehörige stellen sich die Frage, wie eine rechtliche Betreuung überhaupt zustande kommt. Die Vorstellung, dass „plötzlich ein Betreuer bestellt“ wird, führt oft zu Unsicherheit und Ängsten. In Wirklichkeit handelt es sich um ein klar geregeltes gerichtliches Verfahren, das den Schutz der betroffenen Person in den Mittelpunkt stellt.

1. Antrag oder Anregung

Eine Betreuung wird beim Amtsgericht – Betreuungsgericht angeregt. Dies kann erfolgen durch:

  • die betroffene Person selbst

  • Angehörige, Ärzt:innen, soziale Dienste oder Einrichtungen

  • Behörden (z. B. Sozialamt, Krankenhaus)

  • von Amts wegen, wenn das Gericht Kenntnis von einer möglichen Betreuungsbedürftigkeit erhält

👉 Wichtig: Eine Betreuung wird nur eingerichtet, wenn keine anderen Hilfen (z. B. Vorsorgevollmacht, unterstützende Angehörige) ausreichend sind.

2. Ärztliches Gutachten

Das Gericht beauftragt ein fachärztliches Gutachten. Dieses klärt, ob die betroffene Person ihre Angelegenheiten aufgrund einer Krankheit oder Behinderung nicht mehr selbstständig regeln kann.

  • Meist erstellen Fachärzt:innen für Psychiatrie oder Neurologie das Gutachten.

  • Es wird geprüft, in welchen Bereichen Unterstützung erforderlich ist.

  • Das Gutachten ist eine wesentliche Entscheidungsgrundlage für das Gericht.

3. Persönliche Anhörung

Das Gericht ist verpflichtet, die betroffene Person persönlich anzuhören (§ 278 FamFG).

  • In einem Gespräch erläutert der Richter oder die Richterin den Zweck der Betreuung.

  • Die betroffene Person hat die Möglichkeit, ihre Wünsche zu äußern.

  • Auch Angehörige können hinzugezogen werden, sofern dies sinnvoll ist.

👉 Ziel: Die Entscheidung soll im Einklang mit dem Willen und den Vorstellungen der betroffenen Person erfolgen.

4. Stellungnahme der Betreuungsbehörde

Die örtliche Betreuungsbehörde gibt eine fachliche Stellungnahme ab. Sie prüft, ob die Einrichtung einer Betreuung notwendig ist und ob eine geeignete Betreuungsperson vorgeschlagen werden kann.

5. Auswahl des Betreuers

Das Gericht bestellt einen Betreuer. Dabei gilt:

  • Wunschbetreuer: Wird eine Person vorgeschlagen (z. B. Angehörige), berücksichtigt das Gericht diesen Wunsch vorrangig.

  • Berufsbetreuer: Wird bestellt, wenn keine geeignete Person aus dem Umfeld zur Verfügung steht.

  • Neutralität: Die Bestellung erfolgt stets im Sinne der bestmöglichen Betreuung.

6. Gerichtsbeschluss

Das Betreuungsgericht erlässt einen Beschluss, in dem festgelegt wird:

  • ob eine Betreuung eingerichtet wird

  • welche Aufgabenkreise der Betreuer übernimmt (z. B. Gesundheitssorge, Vermögenssorge, Wohnungsangelegenheiten)

  • wie lange die Betreuung zunächst gilt (regelmäßig befristet auf mehrere Jahre)

Der Beschluss ist die rechtliche Grundlage der Betreuung. Der Betreuer erhält eine Betreuerurkunde als Nachweis seiner Vertretungsbefugnis.

7. Beginn der Betreuung

Mit der Zustellung des Beschlusses beginnt die Betreuung. Der Betreuer ist ab diesem Zeitpunkt befugt, die betreute Person in den festgelegten Aufgabenkreisen rechtlich zu vertreten.

8. Überprüfung und Kontrolle

Eine Betreuung ist kein Dauerzustand ohne Kontrolle.

  • Das Gericht überprüft regelmäßig, ob die Betreuung noch erforderlich ist.

  • Auf Wunsch oder bei Bedarf kann die Betreuung erweitert, eingeschränkt oder aufgehoben werden.

  • Auch Angehörige können Anregungen oder Einwände einbringen.

Praxisbeispiel

Eine ältere Dame erleidet einen Schlaganfall und kann ihre Bankgeschäfte nicht mehr selbst erledigen.

  • Das Krankenhaus regt eine Betreuung an.

  • Das Gericht holt ein ärztliches Gutachten ein und hört die Dame persönlich an.

  • Da keine Vorsorgevollmacht vorliegt und die Tochter im Ausland lebt, wird ein Berufsbetreuer bestellt.

  • Der Betreuer übernimmt die Vermögenssorge und die Gesundheitssorge.

👉 Ergebnis: Die Versorgung ist rechtlich abgesichert, Rechnungen werden bezahlt und notwendige medizinische Maßnahmen können rechtzeitig eingeleitet werden.

Fazit

Die Einrichtung einer rechtlichen Betreuung folgt einem transparenten, rechtssicheren Verfahren. Jeder Schritt – vom Antrag über das Gutachten bis zur Entscheidung – dient dem Schutz der betroffenen Person. Ziel ist immer, nur so viel Betreuung wie nötig einzurichten und dabei die Selbstbestimmung der betroffenen Person so weit wie möglich zu wahren.

Betreuungsbüro Mirco Thomanek – Wir begleiten Betroffene und Angehörige fachlich kompetent und verlässlich durch das Verfahren der Betreuungseinrichtung.

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Gesundheitssorge in der rechtlichen Betreuung – Verantwortung für medizinische Entscheidungen